28.05.2024

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Islam, Sufismus, Aleviten: Religion in der Türkei

Wer ist Atatürk?

Die Türkei ist ein faszinierendes Land mit vielfältigen kulturellen und religiösen Traditionen. Die meisten Einwohner bekennen sich zum Islam, aber es gibt auch Christen und Juden im Land. In offiziellen Dokumenten werden alle Bürger automatisch als Muslime geführt, es sei denn, ihre Eltern geben etwas anderes an. Aufgrund dieser Eintragung betrachten sich die meisten Türken (99,8%) als Muslime, obwohl es auch einige gibt, die keine Religion praktizieren oder Minderheiten angehören.

Die türkische Verfassung erkennt den sunnitischen Islam, einige katholische und orthodoxe Sekten des Christentums und das Judentum an. Allerdings sind nicht alle Zweige des Islam und des Christentums offiziell anerkannt. Angehörige religiöser Minderheiten haben in der Regel die Freiheit, ihren Glauben zu praktizieren, können aber mit einigen sozialen Problemen konfrontiert werden. So kann beispielsweise der Wechsel der Religion zu einer Verurteilung durch andere führen. In den türkischen Schulen werden die Grundprinzipien der verschiedenen Religionen gelehrt, der Schwerpunkt liegt jedoch auf dem sunnitischen Islam.

Der Islam in der Türkei

Die Türkei hat eine alte islamische Geschichte, die sich in ihrer Architektur und ihren Denkmälern widerspiegelt. Während des Osmanischen Reiches war das Land das Zentrum des sunnitischen Islam. Obwohl nicht alle Türken den Islam streng befolgen, ist sein Einfluss überall zu spüren. Religiöse Bräuche wie das Gebet und der Ruf "Gelobt sei Allah" sind im täglichen Leben üblich. In den Moscheen wird fünfmal am Tag zum Gebet gerufen. Diese Traditionen unterstreichen die Bedeutung des Islam in der türkischen Gesellschaft. Etwa 80% der Muslime gehören dem sunnitischen Islam an, während etwa 20% dem schiitischen Glauben anhängen, meist Aleviten.

Säkularismus und Politik

In der Türkei begann sich nach der Abschaffung des Kalifats eine starke säkulare Tradition zu entwickeln. In den 1920er Jahren machte Mustafa Kemal Atatürk den Islam zur inoffiziellen Religion der Türkei und schränkte den Ausdruck der Religionszugehörigkeit ein. Atatürk war der Ansicht, dass die Vermischung von Religion und Politik die Demokratie und Modernisierung behinderte. Er übernahm die Kontrolle über die offiziellen islamischen Institutionen, um deren politischen Einfluss zu schwächen, und ließ sich dabei von den laizistischen Ideen Frankreichs inspirieren. Dies rief den Widerstand islamischer Fundamentalisten hervor, aber die Mehrheit der Bevölkerung vertrat die Ansicht, dass die Religion ein Glaube und keine Lebensweise ist und keinen Einfluss auf den zivilen Bereich haben sollte. Einige säkulare Ideale haben zu rechtlichen Einschränkungen der religiösen Ausdrucksformen geführt, wie etwa das Verbot für Frauen mit Hijab, in öffentlichen Einrichtungen zu arbeiten (bis 2013).

In den letzten Jahren sind Einschränkungen religiöser Praktiken zum Gegenstand heftiger Debatten geworden. Die traditionelle säkulare Moral ist in Frage gestellt worden, da die Regierung Erdogan, ein Anhänger des politischen Islam, konservativere religiöse Werte fördert. Das türkische Bildungssystem hat den obligatorischen Religionsunterricht eingeführt und die Leitung von Schulen und Universitäten zugunsten der Religiosität verändert. Auch Alkoholbeschränkungen und die aktive Förderung bescheidener Kleidung in der Öffentlichkeit sind immer häufiger anzutreffen. Das Land ist zunehmend zwischen den Anhängern eines säkularen Staates und konservativeren Muslimen gespalten, und die staatlichen Institutionen haben sich zugunsten der Islamisten verändert.

Präsident Erdogan

Sufismus

Der Sufismus, eine Form der islamischen Mystik, hat einen bedeutenden Einfluss in der Türkei. Diese religiöse Bewegung in der Türkei, die sich auf die Selbsterkenntnis und die spirituelle Annäherung an Gott konzentriert, ist keine Sekte, sondern eher eine interne Strömung innerhalb des Islam. Die Zugehörigkeit zu einem Sufi-Orden kann mit der sunnitischen oder schiitischen Identität eines Muslims übereinstimmen. In der Türkei gibt es viele Sufi-Orden und -Gemeinschaften, die sich dieser Tradition verschrieben haben.

Der Sufismus betont die Möglichkeit der direkten Gotteserkenntnis durch ekstatische Anbetung und andere spirituelle Praktiken. Er basiert auf verschiedenen Formen der rituellen Meditation, wie dem Dhikr, der Wiederholung von Gebetsformeln. Die Sufi-Derwische des Mevlevi-Ordens beispielsweise praktizieren eine besondere Form der Meditation, bei der sie sich während einer als Sema bezeichneten Gebetszeremonie drehen. Dieser türkische Orden, der für seine spinnenden Sufis bekannt ist, zieht Menschen aus der ganzen Welt an.

Aleviten

Die Aleviten sind die größte religiöse Minderheit in der Türkei. Ihre genaue Bevölkerungszahl ist umstritten, aber nach jüngsten Angaben liegt ihre Zahl zwischen 20 und 25 Millionen. Formal gehören sie dem Schiismus an, aber ihre Auslegung des Islam unterscheidet sich von den schiitischen Gemeinschaften in anderen Ländern. Die alevitische religiöse Tradition verbindet den Islam mit Elementen der türkischen Kultur.

Die Praktiken der Aleviten unterscheiden sich deutlich von denen der sunnitischen Mehrheit der Türkei. So fasten sie beispielsweise nicht während des Ramadan, sondern während der Zehn Tage von Muharram, um dem Tod des schiitischen Imams zu gedenken. Sie machen auch nicht die üblichen Verbeugungen während des Gebets wie die Sunniten. Die alevitischen Lehren betonen die gegenseitige Hilfe, und obwohl das Geben von Almosen nicht vorgeschrieben ist, wird der Wert der gegenseitigen Hilfe und Unterstützung hoch eingeschätzt. Im Gegensatz zu Moscheen versammeln sich die Aleviten zum Gebet und zur Gemeinschaft an verschiedenen Orten, die als "cemevi" bekannt sind.

Die Aleviten in der Türkei lassen sich anhand ihrer Sprache in drei Kategorien einteilen: türkischsprachige Aseris, türkischsprachige Araber und Kurden. Jede dieser Gruppen spiegelt eine einzigartige religiöse und kulturelle Identität innerhalb des alevitischen Glaubens wider. Die größten alevitischen Gruppen bestehen aus türkisch- und kurdischsprachigen Aleviten.

Schlussfolgerung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Türkei eine einzigartige Mischung aus Kulturen und Religionen ist, die die reiche Vielfalt der Völker und ihr historisches Erbe widerspiegelt. Die Mehrheit der Bevölkerung ist muslimisch, aber es leben auch Angehörige des Christentums und des Judentums im Lande. Die Religionsfreiheit ist verfassungsmäßig garantiert, aber einige gesellschaftliche Normen können für diejenigen, die von der mehrheitlichen Religionsausübung abweichen, Hindernisse darstellen.

Fragen und Antworten

F: Welche Rolle spielt die Religion in der Türkei?
A: Die Religion, insbesondere der Islam, spielt eine wichtige Rolle in der Geschichte und Kultur der Türkei. Sie ist ein wichtiger Aspekt im Leben vieler türkischer Bürger und beeinflusst verschiedene Bereiche der Gesellschaft, darunter Politik, Bildung und Bräuche.

F: Wie ist die Verteilung der religiösen Gruppen in der Türkei?
A: Die Mehrheit der türkischen Bevölkerung ist muslimisch, vor allem sunnitisch. Es gibt jedoch auch eine kleine Anzahl von Christen, Juden und anderen Religionsgemeinschaften.

F: Welche Bedeutung hat die Religion im täglichen Leben der türkischen Bürger?
A: Die Religion spielt in der Türkei eine wichtige Rolle im täglichen Leben der Bürger und beeinflusst ihre Bräuche, Traditionen, ihren Lebensstil und ihre Ansichten. Viele Aspekte des gesellschaftlichen Lebens, wie Familienwerte, Rituale und Feiertage, sind von religiösen Praktiken und Überzeugungen durchdrungen.

Zeugnisse

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